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GEDICHTE

Man tritt ins Leere.
Und die Luft,
die man dann trifft,
tut so, als gäbe es sie gar nicht.

Als wäre sie gar nicht,

was sie scheint,
überall.
Und zwischen allem,
als wäre sie gar nicht da,

um all die Lücken zu füllen,

zwischen all dem,

was da ist
und so tut, als ob es sich in etwas befindet,

in etwas, was da überall ist.
Als stünden die Sachen in einem Aquarium,

aus dem man das Wasser raus gelassen hat,

um es mit Luft zu füllen.
Bis zum Rand.

Also sitze ich und warte.

Warte, dass nichts passiert,

das Nichts passiert mich,

und ich warte,

mit mir passiert nichts,

und ich warte,
dass es aufhört,
warte, dass es langsam anfängt,

mich zu langweilen,

und es fängt mich, aber mit Weile,
und es weilt

lange
und es zieht mich

in die Länge
und ist längst nicht

länger
als ich,
und es lenkt mich,

aber nicht ab
und zu-
fällig
fällt mir auf,
dass nichts
mich aufhält.

Also lasse ich nichts ziehen

und halte nichts davon ab,

sich in mir aufzuhalten,
und ziehe

das Auf
und das Ab

über ein Linear,

halte es
in der Linie gefangen
und folge
ihrer Länge,

schon lange,

länger als,
und warte
dass sie aufhört

Der Ärger ist zu persönlich,

zu ungenau,
und nur ungefähr dort,
wo man ihn vermutet,

ungefähr dort,

wo der Nebel vor die Scheinwerfer fällt

und besonders dort,
wo man selber nicht ist.

Was soll ich denn meinen Kindern erzählen,

wenn die fragen, was hast du eigentlich gemacht,

als damals die Flüchtlinge kamen oder starben?

Soll ich dann sagen,
ich hätte da gesessen,
in meinem gemachten Nest,
über Unterschiede nachgedacht
und mich meiner Privilegien geschämt?

Und dann diese Übelkeit.

Das geht vielen so,
und dann beginnt man,
sich bewusster zu ernähren.

Keine Schadstoffe,
für den bewussten Geist,

Verzicht von Weißmehl
hilft gegen Verfettung
und kein Zucker
für Zuckerkranke.
Dazu kommen Bewegungskurse

für chronisch Sitzende,

Therapeuten
für chronisch Denkende,

Webseiten
für chronisch Einsame
und Chroniken.

Aber gegen die Übelkeit,
ist so recht noch nichts erfunden.

Das bewusste Gedächtnis
hat sich am integrativen,

kollektiven Wiederkäuen

seines individuellen Schaffens

schuldfrei satt gegessen

und verdaut nun den Schöngeist

seines selbsternannten Leids.

Ich habe keine Pläne für diese Zeit.
Meine Pläne endeten vor dieser Zeit.

Geplant war,

dass die Zeit
vor dieser Zeit zu Ende war.
Die Pläne gingen vorüber

und an der Zeit vorbei.
Und die Zeit ging auch,
aber nicht vorüber
und an den Plänen vorbei,

wo sie nicht mal Halt machte.

Jetzt geht sie immer noch und einher:

Unsichtbar,

unhörbar
und zum Greifen zu nah.
Zu nah
und immer noch

bestreitbar.

Wir hatten kein Anrecht
auf dieses Leid.
Es gehörte uns nicht.
Wir empfanden es trotzdem.
Es gehört uns immer noch nicht,

wir sind nur älter geworden,

weniger leidenslustig

und weniger lustig.
Es gehörte immer anderen,

denen vor uns,

denen neben uns,
denen hinter uns auch.
Und den anderen gehört es immer noch.
Sie besitzen es ohne Stolz
während wir mit Scham danach schmachten
und im Anblick
des nachhaltig gefüllten Kühlschranks verhungern.
Eine blinde Perspektive
auf Nahrungssuche.
Man möchte in der Relevanz vorkommen
und kann sich nicht entscheiden,
was relevant ist.
Dabei ist sie nicht mal selten
oder weit weg.
Wir ersticken an Relevanz,
sie lässt sich nur so schlecht individuell bestreiten,

ist selten authentisch
und mit keiner Lebenseinstellung zu bewältigen.
Die blinden Flecken boten einen hervorragenden Nährboden

und ließen die Relevanz wachsen,
ungestört und vor allem
nahezu unbemerkt.

Die Krise

Die Krise besteht im Vorfeld.
Eigentlich fängt sie morgen erst an.
Sie fängt jetzt damit an,
dass sie morgen anfängt.
Morgen ist ja nicht gerade irgendwann.

Bis dahin ändert sich nicht mehr viel, nicht genug,

um die Krise abzuwenden jedenfalls,

das kann gar nicht gehen
bei der Krise
und in so kurzer Zeit.
Die Krise findet also unabwendbar morgen statt.
Ich wollte das nur mal gesagt haben.

An dieser Stelle.
Falls sich jemand wundert.

Es wundert sich keiner.

Vielleicht wird es das noch,

Mutmaßen die Gesichter das ist Mut,

finde ich,

der lebt hier in der Stadt,

ist zugezogen,
weit gereist
und nirgends zu Hause.

Aber trotzdem hungrig.

Es muss nicht gesagt werden
Es wurde schon so viel gesagt,
dass man sich an das Gesagte
auf höchst unadäquate Art und Weise zu gewöhnen gelernt hat.
Eine ab-weichende Kompetenz, könnte man sagen,
ausgestattet mit dem Luxus
spurloser Distanz,
entbundener Nähe
und gebündelter Freiheit
im Handgepäck.
Es muss nicht gesagt werden.
Aber es will.

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